Amerikanisches Kehraus

qanuun-aktuell Oktober 2015

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Das US-Justizministerium hatte erst im Frühjahr die Fußballfans erschreckt, indem es kundtat, was ein offenes Geheimnis war: die FIFA ist korrupt. Entbrannte im Mai noch die Diskussion, mit welchem Recht und unter Umgehung des Territorialprinzips die USA einen missionarischen Rechtsimperialismus betreibe, wird das definitiv kein Argument sein, mit dem der VW-Konzern jetzt punkten kann. Auch dieses Mal zieht die US-Justiz zu Felde gegen Lug und Trug. Dass dabei der Umweltschutz angesichts der sonstigen Haltung der USA zu Emissionswerten nicht wirklich der „Aufreger“ ist, bedarf keiner Erläuterung. Entscheidend ist vielmehr die Missachtung geltenden Rechts durch ein Unternehmen, das bislang einen exzellenten Ruf genossen hat.


Was aber unabhängig von der Frage, wieso das Compliance-System von VW nicht funktioniert hat, interessiert, ist jene nach der Rolle der US-amerikanischen Justiz und der zuarbeitenden Behörden. Wieso greift man jenseits des Atlantiks so konsequent durch? Waren die inzwischen vom VW-Konzern eingeräumten Manipulationen tatsächlich nicht in Deutschland, nicht in Europa bekannt? Die Berichterstattung unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals vermittelte einen anderen Eindruck. Warum wollte man es hier nicht so genau wissen? Bevor man den Verfolgungsanspruch und das damit zusammenhängende Selbstverständnis der USA kritisch hinterfragt, müssen erst einmal in Bezug auf VW in Deutschland einige Fragen beantwortet werden, ebenso wie die Schweiz sich dazu erklären muss, warum sie es bei der FIFA wohl auch nicht so genau wissen wollte.


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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