Gerüchte, Gerüchte

qanuun-aktuell Juli 2014

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Die Wirtschaftstrafverfahren gegen Prominente der letzten Monate waren lehrreich: Je nach dem, ob die Sympathien der Medien für den Angeklagten gerade großzügig verteilt oder spürbar entzogen wurden, hieß es: Eine ZweiKlassen-Justiz darf es nicht geben! (Fall Wulff); andererseits: Niemand darf „besonders hart angefasst“ werden, nur weil er prominent ist! (Fall Hoeneß) Das Anlegen unterschiedlicher Maßstäbe ist für Bürger und Medien selbstverständlich, für Ermittlungsbehörden aber ein klares Tabu; sie müssen unvoreingenommen entscheiden.

Doch nicht nur der Angeklagte als Person ist dabei von Interesse und sein Schicksal nach dem Gerichtsverfahren, sondern auch die Sicht auf den gesellschaftlichen Bereich, für den er steht. Der Politik wird gerne unterstellt, dass
ihre Vertreter tendenziell ihre eigenen Interessen im Auge haben. Dass manche Industriebranchen (etwa Bau, Chemie, Tabak, Energie etc.) unter dem Gesichtspunkt Lobbyismus und Korruption kritisch zu sehen sind, gilt für viele Medien als ausgemachte Tatsache. Aber ist es tatsächlich so, dass immer von Vornherein feststeht, wer den Zweck über die Mittel stellt? Sind neben der Höhe der Finanzmittel nicht der tatsächliche Wille zu Integrität, Transparenz und Kontrolle entscheidend? Das gilt für alle Lebens-, Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche. Korruptionsprävention ist immer eine Frage des Inhaltes, nicht der Verpackung, auch wenn im Zwischenmenschlichen Sympathien manchmal anders verteilt werden. Möglicherweise erklärt das auch, warum Millionen von Fußballfans die Machenschaften der FIFA im Rahmen der WM eher mit einem Schulterzucken quittieren als mit einem Boykott der Spiele.

Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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