Schreckensbild oder Comicstrip?

qanuun-aktuell Juni 2015

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Als neulich medial von der Verurteilung eines Vaters berichtet wurde, der dem Bestehen der Mathe-Abiturprüfung seines Sohnes mit 500 Euro an den prüfenden Lehrer „nachhelfen“ wollte, reichten die Reaktionen von „Wie kann man so blöd sein?“ bis „Das war aber billig!“. Wirklich aufgeregt hat das kaum jemanden. Es schien zu unbedeutend. Für mich waren sowohl das Verhalten des Vaters als auch die Reaktionen – außerhalb der Justiz – darauf erschreckend.


Was wäre denn, wenn es nicht mehr darauf ankäme, dass junge Menschen sich täglich um ihre Bildung, ihre persönliche Entwicklung bemühen? Was wäre, wenn am Ende der Schulzeit zur Erlangung des Studien- bzw. Arbeitsplatzes nur das Portemonnaie der Eltern entscheidend wäre, wenn die Leistung, Disziplin und persönlichen Fähigkeiten des Kindes ohne Belang wären? Die Erziehungsbotschaften der Kinder an ihre Kinder wären nicht mehr: „Mache was aus Deinem Leben! Arbeite an Dir, gehe Deinen Weg!“ sondern: „Nimm’ was Du kriegen kannst, egal wie und auf Kosten von wem.“ Man braucht nur den Blick in den Südosten Europas zu wenden, um zu sehen, was das für eine Gesellschaft, für eine Volkswirtschaft und den Staat auf Dauer bedeutet. Solidarität, Verantwortung, Kreativität – Fehlanzeige. Solche Gesellschaften entwickeln sich nicht, ihre Volkswirtschaften überleben nicht und ihre Staaten sind immer kurz vor dem Bankrott. Superman aus dem Comicstrip kommt dort nicht vorbei und räumt auf. Das kann eine Gesellschaft nur selber tun und darauf achten, dass Rechtschaffenheit, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit keine Floskeln sind.


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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