Die Ausweitung der Kampfzone

qanuun-aktuell Februar 2016

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Die Neufassung des § 299 StGB (Bestechlichkeit/ Bestechung im geschäftlichen Verkehr) in der seit dem 26.11.2015 geltenden Fassung lässt erkennen, dass es nicht leichter werden wird, die Grenzlinien zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten gegenüber Geschäftspartnern des Arbeitgebers exakt zu definieren. Zur Erfüllung des § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB genügt es, dass der Angestellte oder Beauftragte eines Unternehmens sich einen Vorteil dafür versprechen lässt, dass er seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen als Arbeitgeber verletzt. Dieses sog. Geschäftsherrenmodell rückt damit den Tatbestand erkennbar in die Nähe zu den Amtsträgerdelikten, allerdings mit dem Unterschied, dass die Pflichten eines Amtsträgers gesetzlich definiert sind: die Pflicht zur Unparteilichkeit, zur Verschwiegenheit, zur Gerechtigkeit und zur Rechtmäßigkeit. Und in der Privatwirtschaft?


Natürlich gibt es auch hier Vermögensbetreuungspflichten sowie zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, aber eben keine gesetzliche Pflicht zur Wahrung von größtmöglicher Distanz, zur Objektivität oder Rechtmäßigkeit. Wie sollten diese auch für die Mitarbeiter eines Unternehmens aussehen, das gegenüber Gesellschaftern und Aktionären gehalten ist, seinen wirtschaftlichen Vorteil stets im Blick zu haben? Soll künftig tatsächlich das Vorliegen eines Straftatbestandes davon abhängen, wie detailliert der Arbeitsvertrag gestaltet wurde? In der Praxis darf man von dem neugeregelten § 299 StGB noch einige Überraschungen erwarten, vielleicht auch die Befassung des BVerfG, denn eine Verletzung des GG ist nicht völlig abwegig.


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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