qanuun-aktuell Juli 2017
von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune
Gerne gibt man sich als Europäer der Vorstellung hin, dass die Demokratie als Staatsform einmal etabliert, Garantin gegen allerlei politische wie ethische Unbill sei. Der uneigennützige, fleißige und engagierte, innerlich völlig unabhängige Volksvertreter wird dabei als selbstverständlich vorausgesetzt. Zugleich ist die Politikerschelte, nach dem Fußball, das wahrscheinlich zweitliebste Gesprächsthema. Ebenso wie Oskar Wilde einmal den idealen Gatten in seiner gleichnamigen Komödie thematisiert hat, weiß jeder von uns, wie sein Idealbild eines Politikers aussieht und ist gewiss, dass dieses nie zu erreichen ist.
Es wäre jedoch zu einfach, die Verantwortung für diese Enttäuschung nur bei denjenigen zu suchen, die das Ideal verkörpern sollen. Auch der Betrachter sollte sich überlegen, wie er mit seinem „Ideal“ verfährt. Achtet er die Wahlkämpfer? Sieht er, was man auf sich nehmen muss, um tatsächlich Volksvertreter zu werden und noch mehr um es zu sein? Außerdem: Wie wäre es denn, wenn unsere Politiker tatsächlich so perfekt wären? Müssten wir es dann nicht ebenso sein? Keine unangemeldete Haushaltshilfe, stets korrekte Angaben gegenüber Versicherung und Finanzamt, keine Punkte in Flensburg. Sie kennen niemanden, der das nicht tut? Herzlichen Glückwunsch, dann sollten Sie umgehend Abgeordneter werden!
Politik ist ein hartes Geschäft und wir sollten denen, die es betreiben mit dem Respekt begegnen, den sie verdienen. Gemessen an vielen anderen Demokratien dieser Erde, können wir mit der unseren recht zufrieden sein, auch wenn das gelegentlich schwer fällt. Damit das auch so bleibt, sollten wir unseren Beitrag als Wähler dazu leisten.
Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.