qanuun-aktuell April 2016
von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune
Aufgeschreckt reibt sich eine Regierungspartei des Landes Berlin seit Wochenanfang die Augen: Ist denn schon Wahlkampf? Es wäre schön, wenn die Diskussion um die Auftragsvergabe für ein „Integrationskonzept“ oder „Masterplan“ für das Berliner LaGeSo tatsächlich nur ein Säbelrasseln im Wahlkampfgetümmel wäre. Doch leider scheint es anders zu sein.
Man kann darüber streiten, ob und inwieweit sich die öffentliche Hand überhaupt von Externen beraten lassen soll und welchen Sachverstand sie selbst vorhalten muss. Doch wie ist der externe Sachverstand, so man ihn braucht, auszuwählen? Gemeinhin als freiberufliche Leistung nach der VOF im Wege des Teilnahmewettbewerbs. Unterhalb des Schwellenwertes, der bei der Auftragsvergabe an McKinsey mit 238.000 Euro (brutto) eingehalten wurde, regelt das Landesrecht, wie ein Wettbewerb herzustellen ist. Gemessen an der landeseigenen Obergrenze von 7.500 Euro für die freihändige Vergabe, erkennt auch der Laie hier im konkreten Verfahren eine Diskrepanz. Und wenn man gar keinen Wettbewerb will, weil zu ungewiss, zu zeitraubend, zu umständlich? Dann definiert man die zu erbringende Leistung so punktgenau, dass nur ein Bewerber in Betracht kommt. Aber wer definiert die Leistung? Das liegt im Auge des Betrachters: aus Sicht der Regierungspartei derjenige, der am meisten davon versteht, aus Sicht der Opposition, derjenige, der am meisten daran verdient. Und da sage noch jemand, Filz sei etwas Schlechtes, wo er doch alle zu wärmen scheint.
Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.