Risiko ohne Spaß und Spiel

qanuun-aktuell März 2016

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Lange vor dem Privatfernsehen lief im ZDF die Rateshow „Der große Preis“, moderiert von Wim Thoelke. Bei besonders schwierigen Fragen erschallte der warnende Ruf: „Risiko!“. Verband man damals gedanklich damit noch Spaß und Spannung, treibt heutzutage die Einschätzung, dass bestimmte Prozesse in einem Unternehmen risikobehaftet sind, die Ampel vielleicht schon auf Rot steht, die Unternehmensleitung keinesfalls zu euphorischen Ausrufen. Im Gegenteil. Risikomanagementsysteme (RMS) gehören zur täglichen Praxis in der Privatwirtschaft, denn Risiken sollen frühzeitig entdeckt werden, damit man zur Abwendung eines möglichen Schadens gegensteuern kann.


Und Exekutive sowie Legislative? Auch hier wächst langsam ein Bewusstsein, dass RMS keinen Selbstzweck haben. In Behörden finden die interne bzw. externe Rechnungs- und Rechtsprüfung sowie die Revision statt, aber eine mittel- und langfristige Risikosteuerung, insbesondere klare Standards zur Risikoidentifizierung und
Risikobewertung über alle Verwaltungsebenen hinweg sind eher selten anzutreffen. Neben die Vermeidung von Datenschutzverletzungen, von finanziellen Engpässen etwa durch Mehrkosten (Bsp. BER) oder Reputationsschäden, treten weitere institutionelle (Bsp. Gesetzesverstöße) und systemische Risiken (Bsp. personelle Engpässe wegen Fachkräftemangel). Aktuell zeigen die Flüchtlingsströme wie hilfreich ein langfristiges Risikomanagement sein kann. Es möge niemand behaupten, diese seien vor Jahren nicht annähernd vorhersehbar gewesen. Wer seinerzeit an die Außengrenzen Europas blickte, wusste, dass es keine Tagestouristen waren, die Einlass begehrten.

Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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