Vertrauen ist gut, Kontrolle…

qanuun-aktuell Mai 2016

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Kaum hat der Deutsche Bundestag den Entwurf „Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ angenommen, tritt ein anderes Problem dieses Wirtschaftsbereichs in den Blick: der Abrechnungsbetrug im großen Stil. Zum Schaden der Pflegekassen und Sozialämter sollen – vor allem russischsprachige – Leistungserbringer und Patienten in Berlin einvernehmlich zusammengewirkt und sich den „Gewinn“ geteilt haben. Nach Aktenlage ging es den Patienten gesundheitlich deutlich schlechter und die Pflegedienste haben sehr viel mehr geleistet als die Sachlage es erforderte. Da sich Patienten und Pflegedienste einig waren, gelang auch das Täuschungsmanöver gegenüber dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), der die Leistungserbringung zu überwachen hat. Ans Licht kamen diese Machenschaften u.a. durch Hinweise aus dem sozialen Umfeld der Patienten und Mitarbeiter der Pflegedienste.


Gleichwohl wird heftig darüber diskutiert, warum dieser schon seit Jahren bekannten Praxis erst jetzt Einhalt geboten wird. Das Hauptproblem ist eine effektive Kontrolle, vor allem eine unangekündigte. Das aber erfordert versierte Kontrolleure. Jedes neue Gesetz zur Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität bleibt ein stumpfes Schwert, wenn kein oder zu wenig Personal für die Ermittlung und Bekämpfung bereitgestellt wird. Doch wer will sich schon politisch für mehr Kontrolleure stark machen, selbst dann wenn sie tatsächlich nur dem Recht und nicht der Macht dienen? Es nicht so genau zu wissen, schützt zwar nicht vor Strafe, betäubt aber das Gewissen.


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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