Einsicht und Weitsicht

qanuun-aktuell Dezember 2017

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Kürzlich habe ich vor einer Gruppe osteuropäischer Verwaltungsführungskräfte die Korruptionspräventionsmaßnahmen in Deutschland vorgestellt. Sie stießen auf reges Interesse, aber die Frage nach den gesellschaftlichen Ursachen für Korruption interessierte die Teilnehmer nicht weniger. In der Diskussion wurde schnell klar, dass in ihrem Heimatland die geringen Gehälter der staatlichen Bediensteten, das ebenso geringe Ansehen der staatlichen Organe, die allgemein große Skepsis gegenüber dem Staat und eine lange Korruptionspraxis seit Generationen Ursachen für die dortige Situation waren. Man war sich sicher, dass das in Deutschland viel besser sei.


Ich konnte nur denken, ja, aber wie lange noch? Das Berufsbeamtentum wurde in regelmäßigen Abständen immer wieder einmal kritisch hinterfragt. Brauchen wir so viele Polizisten? Warum müssen Lehrer verbeamtet sein? Seitdem die terroristische Bedrohung der Inneren Sicherheit in Deutschland und Europa ein stärkeres Gewicht gegeben hat, werden diese Fragen seltener gestellt. Allerdings zeigt die aktuelle Berichterstattung über die Schwierigkeiten zur Rekrutierung kompetenter und qualifizierter Anwärter für die Berliner Polizei, dass die Probleme nicht kleiner werden. Die demographische Entwicklung erschwert die Bestenauslese in allen Branchen. Das angemessene und sichere Gehalt ist ein Argument, um junge Menschen für den Staatsdienst zu interessieren. Die gesellschaftliche Wertschätzung und politische Anerkennung sowie Unterstützung ihrer Arbeit ist nicht weniger wichtig. Und insoweit sind alle gefordert. Ihnen ein frohes Fest und alles Gute für 2018!


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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