Erst mal’ eine Tasse Tee trinken…

qanuun-aktuell Februar 2020

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Ob man nach dem Sonnengruß das große „Oom“ macht, tief durchatmet oder erst mal’ eine Tasse Tee trinkt, bevor man mit der Aufregung fortfährt, ist Typsache. Trotz der Regelungen im BMinG zur Aufnahme einer „Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des Öffentlichen Dienstes“ schlagen die Wellen um das vermutlich neue Aufsichtsratsmitglied bei der Deutschen Bank hoch. Man wittert Kumpanei und Käuflichkeit eines ehemaligen Bundesministers und wirft ihm vor, nicht besser zu sein, als ein früherer Bundeskanzler. Dabei übersehen die Kritiker jedoch so einige, erwägenswerte Gesichtspunkte: Dieser Bundesminister gehört genau dem Kabinett an, das überhaupt Regelungen für seine ausgeschiedenen Mitglieder auf den gesetzgeberischen Weg brachte. Vor Ende 2015 gab es solche Regelungen nicht. Seit der Compliance-Gedanke um sich greift, haften Aufsichtsräte, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen, ganz gleich, ob aus Desinteresse oder Inkompetenz. Ein „Versorgungsposten“ ist ein Aufsichtsratsmandat schon lange nicht mehr. Diese Verantwortung wird umso deutlicher, wenn es ein Unternehmen betrifft, das kaum behaupten kann, durch eine besondere Rechtstreue aufgefallen zu sein und wenn der künftige Aufsichtsrat besonders prominent ist.


Doch ungeachtet dieser Einwürfe mögen die Kritiker sich bitte ehrlich fragen, ob sie ein Aufsichtsratsmandat o.ä., tatsächlich mit selbstloser Geste von sich weisen würden. Die Liste all’ jener, die nach dem Ende ihrer politischen Karriere in einem Bundeskabinett in einen Verband oder ein Unternehmen gewechselt sind, spricht eine andere Sprache und zwar für alle Parteien. Und für die anderen gilt: Warten Sie ab, wenn Sie einmal in der Regierung saßen…


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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