Heilige Kühe

qanuun-aktuell August 2017

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

In Deutschland ist das Auto heilig, ganz gleich wie groß, schnell oder alt es ist. Zwar nimmt in Großstädten CarSharing und damit der Verzicht auf das eigene Kfz zu, aber die meisten wissen ihren fahrbaren Untersatz zu schätzen. Das zeigen nicht nur der anhaltende Trend zu SUV’s, in denen die Kleinfamilie durch den städtischen Dschungel chauffiert wird, sowie die stets verstopften Hauptverkehrsstraßen, sondern auch die beständige Weigerung, auf Autobahnen Tempo 130 einzuführen.


Dieser anhaltenden Begeisterung konnte selbst der besonders in den USA sanktionierte Abgas-Skandal nicht wirklich etwas anhaben. Die Verkaufszahlen von VW fielen etwas zurück, aber eine öffentliche Konsumentenempörung blieb aus und auch die deutsche Politik tat sich mit Sanktionen schwer. Nach der Manipulation mit Abgaswerten sind die deutschen Autobauer erneut in das Blickfeld der kritischen Öffentlichkeit und mehr noch der Brüsseler Kartellbehörde geraten. VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler sollen über 20 Jahre einen intensiven Gedankenaustausch über Verkaufspreise sowie über Fragen des Klima- und Umweltschutzes gepflegt haben, zu Lasten der Verbraucher und der Umwelt.


Die Kartellwächter werden die Vorwürfe prüfen und auch die Frage, ob Daimler sich durch eine Selbstanzeige tatsächlich eine Sanktionserleichterung verschaffen konnte. Doch ganz gleich, welches Ergebnis das Kartellverfahren hat, am Ende steht eine forensische Untersuchung. Die Ursachen werden die Fachöffentlichkeit besonders interessieren, verschweigen doch alle fünf Konzerne nicht, wie wichtig ihnen ihre aufwendigen Compliance-Management-Systeme sind und wie gut sie funktionieren, wenn sie denn funktionieren.


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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