Ich pfeif‘ Dir was

qanuun-aktuell Mai 2019

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Bereits vor einem Jahr hat die EU-Kommission den Entwurf einer Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, veröffentlicht. Seitdem wurde und wird gerungen. Kürzlich hieß es, noch vor den Europawahlen wollte sowohl der Rat als auch das Parlament dem Entwurf zustimmen. Dann wären innerhalb von zwei Jahren auch die Mitgliedsstaaten gefordert zu handeln. Schon seit Jahren forderten NGO’s, wie etwa TI Deutschland, es müsse verhindert werden, dass Menschen, die Missstände in ihrem Arbeitsumfeld aufdeckten, anschließend dafür gemobbt oder gar gekündigt würden. Bislang haben 10 Mitgliedsstaaten eine entsprechende Regelung, Deutschland nicht.


Das Medienecho ist eindeutig auf Seiten der Whistleblower. Es ist lobenswert, dass diejenigen, die für das Recht eintreten und damit Schlimmeres für die Gemeinschaft verhindern (Bsp. Gammelfleisch-Skandal, verseuchte Blutkonserven, Panama Papers etc.), in der Folge ihres Tuns nicht bestraft werden. Allerdings zeigt die Notwendigkeit einer Regelung zum Schutz von Whistleblowern auch, dass das Eintreten für Recht und Gerechtigkeit in unserer europäischen Gesellschaft nicht die Regel zu sein scheint. Andernfalls wären Sanktionen ebenso wenig ein Thema wie die partielle Heroisierung von Whistleblowern. Nicht jeder handelt bei der Hinweisgabe aus hehren Motiven, das braucht er auch nicht. Der Ärger über unverfrorene Rechtsbrecher ist kein edles Motiv, aber unbeachtlich, wenn er dem Recht zum Durchbruch verhilft. Des expliziten Whistleblower-Schutzes bedürfte es nicht, wenn mehr Menschen rechtsbrüchiges und manchmal auch nur rücksichtsloses Verhalten nicht gezielt ignorieren und damit billigen, sondern anprangern würden.


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


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