Starker Staat ./. Verbrauchermacht?

qanuun-aktuell April 2018

von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

In ihrem Koalitionsvertrag vom 07. Februar 2018 haben die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD der Wirtschaftskriminalität den Kampf angesagt. Nicht nur schärfere Sanktionen sollen Unternehmen, deren Mitarbeiter geltendes Strafrecht verletzt haben, treffen können, sondern auch mehr Öffentlichkeit sowie faktisch die Pflicht zu internen Ermittlungen. Die Bußgeldobergrenze, die 2013 auf 10 Mio. Euro angehoben worden war, soll sich künftig stärker an der Wirtschaftskraft des illegal agierenden Unternehmens orientieren, was für börsennotierte Unternehmen dann deutlich unangenehmer werden könnte. Flankiert werden diese Maßnahmen durch einen künftigen Verfolgungszwang für die Strafverfolgungsbehörden, um eine bundesweit einheitliche Verfolgungspraxis zu erreichen.


Der Staat zeigt der Wirtschaft deutlich die Instrumente. Und wie positionieren sich die Verbraucher? Die aktuelle Empörungswelle wegen eines „Datenklaus“ im sozialen Riesennetzwerk Facebook ist gegenwärtig noch ebenso überschaubar wie die Reaktionen auf den Dieselskandal. Ein paar aufgebrachte Verbraucher, Schulterzucken, dann sagt noch einer in die Kamera, man wisse ja, dass man von der Wirtschaft belogen werde, und man geht zur Tagesordnung über. Abgesehen davon, dass dieser Fatalismus jedem Demokraten schlecht zu Gesicht steht, fragt sich, warum man sich nicht einfach aus dem sozialen Netzwerk verabschiedet und konsequent die Automarke wechselt? Verbraucher sind keineswegs machtlos, andernfalls wären die Daten über sie nicht so interessant. Sie sollten nur endlich begreifen, dass sie diejenigen, die ihnen etwas verkaufen wollen, mindestens genauso wirksam auf den Weg der Tugend führen können wie jeder Staat.


Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: