qanuun-aktuell Oktober 2020
von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune
In der Privatwirtschaft ist der Gedanke der persönlichen Haftung von Führungskräften, besonders in der Unternehmensspitze, inzwischen üblich. Zahlreiche Risiken des entscheidungsfreudigen Manager-Alltags kann eine D&O-Versicherung abfedern, aber nicht bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Handeln. Deshalb muss die Führungskraft stets Risiken und Chancen abwägen, um ihre Entscheidungen zu steuern.
Im Öffentlichen Dienst ist das in der Theorie nicht anders, in der Praxis bislang schon. Zahlreiche Prestigeprojekte wurden deutlich teurer als ursprünglich kalkuliert und das (in der Privatwirtschaft) übliche Know-Your-ContractingParty „übersehen“, wenn denn politischer Ruhm zu erwarten war. Die Liste der Projekte Land auf Land ab, bei denen dieses Vorgehen allen Beteiligten auf die Füße fiel und den Steuerzahler sehr viel Geld kostete, ist lang. Die Versuche, die entscheidungs- und ausgabefreudigen Amtsträger haftungstechnisch zur Verantwortung zu ziehen, waren im Vergleich dazu kläglich. Das könnte sich jetzt ändern. Auch wenn die Entscheidungsgründe noch nicht publik und eine Berufung zu erwarten ist, so ist das Urteil des VG Köln ein Paukenschlag. Einer früheren Oberbürgermeisterin und dem ehemaligen Stadtdirektor wurde vorgeworfen beim Bau eines renommierten Kongresszentrums ihre beamtenrechtlichen Dienstpflichten grob fahrlässig verletzt zu haben mit der Konsequenz eines Schadensersatzanspruchs der betroffenen Kommune in Höhe von jeweils einer Million Euro. Das macht nicht nur den Ruhestand, in dem sich beide befinden, bitter, sondern ist auch ein Signal. Die öffentliche Hand zieht beim Thema Compliance Stück für Stück mit der Privatwirtschaft mit und das ist gut so.
Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e.V. In jeder Ausgabe des Infobriefs qanuun-aktuell kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.